Wasserstoff transportieren - sicher und wirtschaftlich - Wasserstoff

2022-09-17 11:33:09 By : Ms. Leaf Ye

Neben der Produktion ist auch der Transport von Wasserstoff ein entscheidender Faktor für eine künftige Wasserstoffwirtschaft. Was bietet sich da an?

Die „Suiso Frontier“ ist ein Tankschiff, mit einer Länge von 116 Metern eigentlich ganz unspektakulär – „ausgewachsene“ Schiffe dieser Art sind dreimal so lang. Dennoch ist sie eine Weltsensation: Sie ist das erste Schiff, das für den Transport von flüssigem Wasserstoff konzipiert ist. Derzeit transportiert das von Kawasaki gebaute Schiff die auf minus 253 Grad Celsius heruntergekühlte Flüssigkeit vom australischen Hastings ins japanische Kobe.

Die Herausforderung dabei: Beim Tiefkühlen von Wasserstoff schrumpft dieser auf ein 800-stel seines ursprünglichen Volumens. Der Energieaufwand dafür ist gigantisch – möglichweise zu groß, um den Transport von Wasserstoff über große Entfernungen halbwegs wirtschaftlich über die Bühne zu bringen. Allemal, wenn in einigen Jahren riesige Mengen Wasserstoff teilweise um die halbe Welt geschippert werden sollen – etwa von Südamerika nach Europa.

Es geht aber auch anders. Wasserstoff kann dort, wo er mit Solar- oder Windstrom per Elektrolyse produziert wird, in Ammoniak oder Methanol umgewandelt oder an Benzyltoluol, eine organische Flüssigkeit (LOHC-Verfahren – das Kürzel steht für „Liquid Organic Hydrogen Carrier“), angebunden werden. Der Transport gestaltet sich dann bei weitem unspektakulärer. Ammoniak beispielsweise kann drucklos bei einer Temperatur von minus 34 Grad transportiert werden, Methanol und LOHC brauchen noch nicht einmal gekühlt zu werden.

Am Ziel müssen die Flüssigkeiten wieder getrennt werden, damit der Wasserstoff frei wird. Zwingend notwendig ist das allerdings nur bei LOHC. Dazu wird die Flüssigkeit auf 250 bis 320 Grad Celsius erwärmt, sodass der Wasserstoff frei wird. LOHC kann dann wieder mit Wasserstoff beladen werden. Beim Beladen der Flüssigkeit wird Wärme auf einem Temperaturniveau von 150 bis 320 Grad frei, die bei einem in Dormagen geplanten Projekt ab 2023 in das Dampfnetz des dortigen Chemieparks eingespeist werden soll.

Der im LOHC gebundene Wasserstoff soll per Schiff nach Rotterdam transportiert werden und dort freigesetzt werden. Wo die Wärme herkommen soll, ist noch offen. Das reine LOHC wird dann zurück nach Dormagen transportiert. Die Wirtschaftlichkeit dieser Transportvariante hängt davon ab, ob die bei der Wasserstoff-Einlagerung entstehende Wärme genutzt und die für die Freisetzung des Gases erforderliche Wärme umweltverträglich und kostengünstig zu Verfügung steht – im besten Fall als Abfallwärme.

Die Verbund AG, der größte Produzent von Ökostrom in Österreich, hat weit Größeres vor. In Rumänien, Deutschland und Österreich sollen donaunah riesige Elektrolysestationen errichtet werden, die von neu aufzubauenden Solar- und Windkraftwerken sowie vorhandenen Wasserkraftwerken mit Strom versorgt werden. In Phase eins sollen pro Jahr 27.000 Tonnen Wasserstoff produziert werden – ab wann ist noch offen. Per Schiff und per LOHC-Verfahren soll das Gas vor allem zu Abnehmern in Österreich und Deutschland transportiert werden.

Auch Methanol eignet sich sehr gut als Wasserstoffträger. Er wird aus grünem Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft gewonnen. Bei der Freisetzung des Wasserstoffs am Ziel wird allerdings wieder CO2 frei, sodass die Bilanz klimaneutral ist. Das gilt auch dann, wenn der Alkohol in einer Direkt-Methanol-Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird.

Auch für Anwendungen in der Mobilität könnte grünes Methanol attraktiv sein. Denn es lässt sich in speziellen Motoren für Pkw, Lkw, Schienenfahrzeugen und Schiffen einsetzen, die auf diese Art nahezu umweltneutral werden. Rolls-Royce modifiziert derzeit Dieselmotoren für den Einsatz von Methanol in Schiffen. Problematisch sind dann nur noch – geringe – Emissionen von Stickoxiden, die allerdings mit Hilfe von Katalysatoren leicht unschädlich gemacht werden können.

Am aussichtsreichsten scheint derzeit jedoch der Wasserstofftransport in Form von Ammoniak zu sein. Der Erdgasriese Qatar könnte dazu beitragen, dass die Wahl auf das stechend riechende und giftige Gas fällt. ThyssenKrupp Uhde erhielt kürzlich einen Großauftrag zur Errichtung einer Produktionsstätte für blauen Ammoniak von Qatar Fertiliser Company (QAFCO), einem Tochterunternehmen des Staatskonzerns QatarEnergy. Nach Fertigstellung im Jahr 2026 soll die Anlage weltgrößter Produzent von blauem Ammoniak sein. Bis zu 3500 Tonnen Ammoniak pro Jahr sollen hier produziert werden können.

Zudem planen auch andere Länder Terminals für Ammoniak, so RWE in Brunsbüttel. Dort sollen ab 2026 jährlich rund 300.000 Tonnen angelandet werden. Rotterdam verfügt bereits über ein 400.000-Tonnen-Terminal für konventionelles, also nicht-grünes Ammoniak, dessen Kapazität auf 1,2 Millionen erhöht werden soll

Da Ammoniak bei 20 Grad Celsius einen Dampfdruck von lediglich 8,6 bar hat und bereits bei minus 33 Grad flüssig wird, sind die Anforderungen an Lagertanks deutlich geringer als die bei Wasserstoff. Gleichzeitig ist die Energiedichte von Ammoniak bei Umgebungstemperatur deutlich höher als die von Wasserstoffgas unter denselben Bedingungen. Allerdings ist die Energiedichte lediglich halb so hoch (6,25 kWh/kg) wie die von Benzin (12,7 kWh/kg).

Ammoniak kann direkt als Rohstoff für die Düngerherstellung verwendet werden. Will man den Wasserstoff zurückgewinnen, muss der Stickstoff abgetrennt werden. Das ist ein energiezehrender Prozess, der bei 500 Grad Celsius abläuft.

Das Resümee: Keine der Transportmöglichkeiten für Wasserstoff ist ideal. Doch vielleicht kommen ja noch zwei andere Möglichkeiten dazu: Das Gas könnte in Form von Eisen-oder Aluminiumpulver transportiert werden – ganz ohne Kühlung oder sonstige Schutzmaßnahmen. Eisen wird am Ziel verbrannt, die entstehende Wärme treibt einen Dampfkreislauf zur Stromgewinnung an. Der entstehende Rost wird in ein Land transportiert, das in großem Stil Strom aus Sonne und Wind produziert. Damit hergestellter Wasserstoff reduziert den Rost. Es entsteht wieder Eisenpulver, das zum Nutzer transportiert wird. In einer niederländischen Brauerei hat der Eisenbrenner bereits funktioniert. Entwickelt hat das Verfahren ein Ingenieursteam der Technischen Universität Eindhoven.

Bei Aluminium sieht es etwas anders aus. Das Pulver reagiert bei einer Temperatur von weniger als 100 Grad mit Wasser. Dabei entsteht Aluminiumhydroxid und es wird Wasserstoff frei, der beispielsweise in einer mobilen oder stationären Brennstoffzelle in Strom umgewandelt werden kann. Dass Natriumhydroxid wird in ein Land mit viel Sonne und Wind transportiert, um dort regeneriert zu werden. Das entstehende Aluminium geht anschließend erneut in den Kreislauf.

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Warum nicht Kunstdünger, Adblue oder Eisenschwamm dort produzieren, wo es viel billigen Wasserstoff gibt und die Produkte dann mit dem Schiff nach Deutschland transportieren? Das ist doch viel billiger und effizienter.

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