Immenstaad: Gedächtnis der Region: Am Landesteg wurde geschuftet | SÜDKURIER

2022-08-20 12:11:52 By : Ms. Villa Cheng

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Die Segelmasten der Boote im Yachthafen wiegen sanft im Wind, im Hintergrund lachen Kinder beim "Lauf-Schnecke-Lauf"-Spiel und vom Steg hört man das Hupen des ankommenden Bodenseeschiffs, das neue Touristen ausspuckt. Wer vom wunderbar angelegten Landesteg in Immenstaad Richtung See blickt, fühlt sich ein bisschen wie im Urlaub. Selbst wenn der Bodensee eigentlich die Heimat ist.

Dass an diesem Ort, zweifelsohne einer der schönsten Flaniermeilen am See, noch vor wenigen Jahrzehnten hart geschuftet wurde, ist heute kaum mehr vorstellbar. Der Landesteg, übrigens der längste seiner Art am ganzen Bodensee, war viele Jahre lang Verlade- und Verkaufsplatz für Tonnen von Kies in verschiedenen Körnungen. Wo heute bunte Blumenrabatte leuchten, lagerten bis 1980 noch riesige Haufen Riesel, Kies und Wacken, also größere Steine, und warteten auf den Verkauf an regionale Bauunternehmer und private Bauherren. Und wer die Geschichte des Kiesabbaus im Bodensee erzählen will, trifft unweigerlich auf einen Namen: den der "Baggergesellschaft Immenstaad Meichle + Mohr GmbH & Co. KG", die heute bereits in vierter Generation geführt wird – und nach eigenen Angaben über 400 Mitarbeiter an 21 Standorten hat.

"In den 1960er-Jahren wurde der Kies noch aus dem Bodensee gebaggert", erklärt Rolf Mohr, der gemeinsam mit Clemens und Gustav Meichle und Theo Mohr zur dritten Generation des Unternehmens gehört. Abgebaut wurde vor allem im Bereich der Bregenzer Aach und der Kressbronner Argenmündung und der heutigen Marina. Die Flüsse hatten das Kies aus dem Gebirge mitgebracht. Mithilfe einer schwimmenden Kiesaufbereitungsanlage und eines Tiefbaubaggers konnten Sand und Kies in bis zu 100 Metern Tiefe vom Bodenseegrund gefördert werden. "Der Kies wurde dann in vier verschiedene Körnungen gewaschen", berichtet der 74-jährige Mohr, der bereits als Kind viel vom väterlichen Geschäft mitbekam. Anschließend wurde er auf Frachtschiffe geladen, die bis zu 320 Tonnen transportieren konnten, und an Kiesumschlageplätze rund um den See gebracht. In der Blüte der Kiesschifffahrt waren laut Mohr neun große Schiffe unterwegs.

"Die Umschlageplätze gab es in Konstanz am Seerhein, am Hinteren Hafen in Friedrichshafen, in Arbon und Güttingen in der Schweiz und eben auch in Immenstaad", sagt Mohr. Das Gelände am Ende der Bachstraße gehörte damals der Deutschen Bundesbahn und wurde von der Immenstaader Baggergesellschaft gepachtet. "Mit dem aufstrebenden Fremdenverkehr wurde der Umschlageplatz aus verständlichen Gründen immer mehr zum Dorn im Auge", erinnert sich Mohr.

1980 kam es dann zu einer gemeinsamem Lösung: Die Meichle + Mohr GmbH gab den Lagerplatz am See auf und zog zum bestehenden Betonwerk in die Steigwiesen, dem Gewerbegebiet zwischen Immenstaad und Kluftern.

Das Geschäft mit dem steinernen Baustoff funktioniert heute wie damals ähnlich: Der mit dem Tiefgreifbagger gewonnene Wandkies wird gewaschen und in vier Fraktionen getrennt. Diese Betonzuschlagstoffe werden unter Zugabe von Zement, Zusatzmittel und Wasser zu Beton gemischt. "In Immenstaad bereiten wir außerdem angelieferten Bauschutt zu Recyclingmaterial auf. Damit stehen wir für den Bau der B 31-neu in den Startlöchern", sagt Mohr und zeigt lachend auf die Kies- und Recyclinghaufen am Betonwerk in den Steigwiesen. "Der Kiesabbau im Bodensee endete 1978", erklärt Mohr. Der Grund: Das Vorkommen war erschöpft, die Flüsse wurden nach dem Zweiten Weltkrieg stark verbaut und gezähmt und spülten nicht mehr genügend Kies in den See. Abgebaut wurde seither vor allem im Kieswerk in Markelfingen und im Tettnanger Wald. Zudem tätigte die dritte Unternehmensgeneration etliche Zukäufe rund um den See, im Hegau und auf der Baar.

Während die Großväter und Väter noch auf Handarbeit setzen, steht heute die Technisierung und Digitalisierung im Vordergrund. "Mein Vater hatte als 14-Jähriger einen Knochenjob auf dem Kiesschiff, er hat mir oft seine Schrunden an den Händen gezeigt und gesagt: Bua, lern, du sollst es mal besser haben", erinnert sich Mohr. Schließlich studierte er Betriebswirtschaftslehre und trat 1972 als Gesellschafter ins Unternehmen ein.

Am heutigen Landessteg erinnert nichts an die Kieslager und die Schufterei. Ein bisschen wie Urlaub eben.

Der Kiesabbau im Bodensee hatte lange Tradition, wurde 1978 aber aufgegeben.

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