Wie Corona-Masken zur wertvollen Ressource im Baugewerbe werden - ingenieur.de

2022-08-20 12:09:42 By : Mr. Mao Jagger

Der Mund-Nasen-Schutz hat in Pandemie-Zeiten so manche Infektion verhindert. Nach dem Gebrauch landeten Masken im Müll. Das finden US-Forscher recht schade. Sie sehen darin eine Möglichkeit, um Zement zu optimieren.

Masken sind zu schade für den Abfall. Forscher verwenden Fasern daraus als Zement-Zusatz.

In 2021, dem zweiten Jahr der Corona-Pandemie, hat Deutschland 3,8 Milliarden filtrierende Halbmasken wie FFP2-Masken importiert, oft aus China. Das waren im Schnitt 46 Masken pro Einwohnerin oder Einwohner, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Medizinische Schutzmasken sind grundsätzlich nur für den einmaligen Gebrauch ausgelegt. Nach kurzer Tragezeit landen sie im Müll und werden verbrannt. Das kostet Energie und führt zu hohen Kohlendioxid-Emissionen; detaillierte Zahlen gibt es noch nicht. Unsachgemäß entsorgt, können Einwegmasken jahrzehntelang in der Umwelt verbleiben und eine Gefahr für Ökosysteme darstellen.

Forschende der Washington State University haben sich des bekannten Umweltproblems angenommen und eine überraschende Lösung entwickelt. Ihre Experimente zeigen, dass sich Masken in eine Zementmischung integrieren lassen. Das führt zu einem stärkeren, besser haltbaren Beton, verglichen mit Produkten ohne diesen innovativen Zusatz. Die experimentelle Mischung war einen Monat nach der vollständigen Aushärtung um rund 47% fester als ein kommerzielles Produkt.

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Zum Hintergrund: Bekanntlich ist die Herstellung von Zement ein extrem kohlenstoffintensiver Prozess. Er führt schätzungsweise zu 8% der weltweiten Kohlendioxid-Emission. Die Idee, Zement mit Mikrofasern zu versetzen, um die mechanischen Eigenschaften zu optimieren, ist nicht neu. Ältere Studien zeigen beispielsweise, dass verstärkter Beton langlebiger ist – oder dass auf Baustellen geringere Mengen benötigt werden als beim normalen Produkt. Doch der Einsatz in großem Maßstab ist bislang an den Kosten gescheitert. Charmant wäre die Idee dennoch: Mikrofasern verlängern die Lebensdauer des Betons, was sowohl Kohlenstoffemissionen als auch Geld für Bauherren und Eigentümer spart.

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Genau hier setzen die US-amerikanischen Ingenieurinnen und Ingenieure an. Ausgangspunkt ihrer Studie war die Überlegung, dass medizinische Masken aus hochwertigen Kunststoffen bestehen. An Stellen, welche mit der Haut in Berührung kommen, sind es Polypropylen- oder Polyestergewebe. Die filtrierenden Schichten wiederum sind aus Polypropylen-Fasern aufgebaut. Solche Stoffe sind begehrte Zusätze für Zement.

„Diese Abfallmasken könnten tatsächlich ein wertvoller Rohstoff sein, wenn man sie richtig verarbeitet“, sagte Xianming Shi. Er forscht am Fachbereichs Bau- und Umweltingenieurwesen der Washington State University und hat die Experimente geleitet. Shis erfolgreiche Herangehensweise: „Ich halte immer Ausschau nach Abfallströmen, und meine erste Reaktion ist: Wie mache ich daraus etwas Brauchbares für Beton oder Asphalt?“

Im Rahmen ihrer Machbarkeitsstudie entwickelten die Forscherinnen und Forscher ein Verfahren zur Herstellung winziger Maskenfasern von fünf bis 30 Millimetern Länge und mischten sie anschließend in Zement, um diesen zu verstärken und um die Rissbildung zu verhindern. Für ihre Tests entfernten sie die Metall- und Baumwollschlingen von den Masken, zerschnitten sie und mischten sie in gewöhnlichen Portlandzement, die weltweit am häufigsten verwendete Zementart.

Sie vermengten die Mikrofasern der Masken mit einer Lösung von Graphenoxid, bevor sie die Mischung dem Zementbrei hinzufügten. Das Graphenoxid bildet ultradünne Schichten, die stark an den Faseroberflächen haften. Solche Masken-Mikrofasern leiten die Bruchenergie ab, die ansonsten zu winzigen Rissen im Beton führen würde. Ohne die Fasern würden diese mikroskopisch kleinen Risse schließlich zu breiteren Rissen und zum Versagen des Materials führen.

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Anschließend führen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Studien durch, um ihre Idee zu testen, dass die mit Graphenoxid behandelten Mikrofasern den Beton vor Frostschäden und vor Schäden durch Enteisungschemikalien schützen könnten, die auf Straßen verwendet werden. Ihre Hypothesen bestätigten sich im Experiment. Sie können sich auch vorstellen, die Technologie auf das Recycling anderer Polymer-haltiger Abfallfraktionen wie Altkleider, auszudehnen, um größere Anreize für das Sammeln solcher Stoffe zu schaffen.

Damit zeigt Xianming Shis Arbeitsgruppe, wie sich medizinische Masken sinnvoll recyceln lassen. Offen jedoch, wie es gelingt, den Mund-Masen-Schutz aus Restmüll abzutrennen – und wie eine sichere Verarbeitung möglicherweise kontaminierter Fasern möglich ist. Und nicht zu vergessen: Die Idee, Zement zu verbessern, kommt recht spät. Weltweit sinken die Inzidenzen, und viele Regionen – Deutschland inklusive – haben sich entschlossen, in vielen Bereichen auf das Tragen von Masken zu verzichten.

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Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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